2011 / WS 2

Partizipation

Der Workshop wird angeboten von Nina Langen (carrotmob), Peer Scharnweber (carrotmob) und Claudia Pelzer (crowdsourcingblog).

Claudia Pelzer eröffnet den Workshop  mit einem generellen Überblick zum Thema Crowdsourcing. Der Begriff ist ein Neologismus, zusammengesetzt aus Crowd und Outsourcing und bezeichnet die Auslagerung von Arbeits- und Kreativprozessen an die Masse der Internetnutzer. Teilbereiche des Crowdsourcings sind das Fundraising und Engagement and Tasks, das Microworking, das Collaborative Knowledge, die Creative and Co-Creation, die Open Innovation and Ideas sowie das Crowdfunding.

Referentin Workshop 2

Claudia Pelzer erläutert den Begriff des Crowdsourcings

Durch die Auslagerung von Wissen und Arbeitskraft ins Internet generieren Experten und Dienstleister Inhalte, lösen Aufgaben oder arbeiten an Forschungs- und Entwicklungsprojekten. Das Besondere an Crowdsourcing ist das Prinzip der Arbeitsteilung als Grundprinzip des Wirtschaftens. Hierbei geht es um einen selbstorganisierten Zusammenschluss, der elementar für das Crowdsourcing ist.

Gerade der interaktive und partizipatorische Charakter dieser Tools bieten Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit der Beteiligung. Räumlich voneinander getrennte Personen können so an einem Ziel gemeinsam arbeiten, wobei auf Basis der gleichen Interessen eine kollektive Interaktion entstehen kann.

Crowdsourcing kann so die Arbeit verändern, da durch den offenen Aufruf auf einer bestimmten Plattform zur Mitarbeit angeregt werden. Der Vorteil dieser Webdienst-Technologie ist die breite Ansprache von möglichen Usern, die gemeinsam Projekte umsetzen oder andere Arbeiten erarbeiten. So ist das besondere Charakteristikum die selbstständige Erarbeitung von gemeinsamen Projekten. Auch dieses Social-Web-Werkzeug verändert die Arbeit – hin zur Eigenverantwortlichkeit und Projektbezogenheit. Es entstehen fluide Strukturen, indem ein Kernteam gebildet und um Know-How und Kompetenzen erweitert wird. Die Arbeit wird so flexibel gestaltet.

Die Referentin stellt Beispiele vor, die eine solche Verbindung schaffen:

  • Code for America, eine Plattform zur Verbesserung des Allgemeinwohls;
  • Adhocracy, eine Software, die gemeinsame Entscheidungsprozesse erleichtern soll;
  • City Source, App, mittels derer Mängel in der Stadt dokumentiert und an Autoritäten weitergeleitet werden können (kleiner Rahmen);
  • Change by US, eine Open Source- Plattform, die Ideen zur Verschönerung der Stadt sammelt und die Vernetzung fördert.

Auch Pelzer weist darauf hin, dass sich heutige und zukünftige Arbeitswelten durch Crowdsourcing verändern werden (Beispiel: oDesk).  Darauf muss die Politik reagieren, denn Versicherungs- und Steuerfragen werden hiervon beeinflusst.

Crowdsourcing fördert die Selbstorganisation, Transparenz und Demokratisierung, jedoch lassen sich über das Internet niemals alle mitnehmen.

Nina Langen und Peer Scharnweber stellen zunächst die Idee des Carrotmob vor: Es handelt sich um eine Klimaschutzinitiative, die Ladeninhaber über einen „Buycott“(statt einem Boykott) für den Klimaschutz gewinnen will: über konzentierte Kaufaktionen werden Ladeninhaber mit einem gesteigerten Umsatz belohnt. Bedingung für diese Belohnung ist, dass ein gewisser Teil des gesteigerten Umsatzes in den Klimaschutz investiert wird. Der „Mob“ besucht den Laden, der den höchsten Einsatz für den Klimaschutz bietet; flankiert wird die Kaufaktion von einem Klimaberater, der die Ladeninhaber bei der Umsetzung der klimaschützenden Maßnahmen unterstützt.

Eine Zusammenfassung zum Carrotmob findet sich auch im NRW denkt nach(haltig) Blog: http://www.nrw-denkt-nachhaltig.de/blog/

 

Referenten Workshop 2

Peer Scharnweber und Nina Langen im Gespräch mit den Workshopteilnehmern

Bis August 2010 fanden weltweit 92 Carrotmobs statt. Carrotmob stärkt vor allem die Macht des Konsumenten: „Der Kunde zeigt Flagge“. Carrotmob ist zugleich über klassische Medien (Flyer, Radio) wie über neue Medien und soziale Netzwerke verankert: Scharnweber merkt an, dass die klassischen Medien den Informationsfluss ins Rollen bringen können, der sich dann zunehmend auf die sozialen Netzwerke verlagert.
Die Macher verstehen ihre Initiative selbst als dynamische Bewegung, sie betonen die Unparteilichkeit: Es geht nicht um ein Anpassung an ein politisches Programm, sondern um konkrete Aktionen im kleinen Rahmen.

In der anschließenden Diskussion ging es unter anderem um die Frage, inwiefern Crowdsourcing ein national gebundenes Phänomen ist: Funktioniert CS auch in Deutschland?
Pelzer bestätigt, dass Deutschland in der Entwicklung hinterherhinkt: Der Umgang mit Daten ist wesentlich vorsichtiger, in Deutschland ist Partizipation weniger eingeübt als in den USA. Crowdfunding hingegen läuft nach Pelzer in Deutschland gut, während die Partizipation es schwerer hat.

interessierte Besucher des Workshops 2

Die Teilnehmer während der angeregten Schlussdiskussion

Ein weiteres Thema: Wie sieht die rechtliche Situation im Crowdsourcing aus, z.B. urheberrechtliche Fragen? Pelzer gibt zu, dass es sich hier noch um eine Grauzone handelt, da die rechtlichen Bedingungen in den USA und in Deutschland zum Teil nur schwer vergleichbar sind.

Inwiefern ist Crowdsourcing auch „Arbeitsverschwendung“ (z.B. 50 Leute erarbeiten in einem Wettbewerb ein Logo und eine(r) gewinnt)? In der Tat ein Problem, allerdings bietet sich über solche Plattformen auch ein Einstieg in bestimmte Arbeitszusammenhänge und eine Möglichkeit zum Lernen und für ein professionelles Feedback.

Ist Crowdsourcing eine „neue Dimension der Selbstausbeutung“? Auch dies ist ein Problem, besonders die Agenturlandschaft wird bedroht, allerdings ist Pelzer der Meinung, dass sich in diesem Feld Standards herausbilden werden. Gleichzeitig bietet Crowdsourcing auch Möglichkeiten für Start-Ups ohne große finanzielle Möglichkeiten im Hintergrund.

Ebenfalls eine Frage der Teilnehmer: Welche Rolle spielen kulturelle Unterschiede für das Crowdsourcing? Laut Pelzer lassen sich Konflikte über ein möglichst genaues Briefing und Vorlagen umgehen.

Zum Schluss geht es dann noch einmal ganz konkret um carrotmob: Inwieweit lässt sich das Konzept auch auf Ketten ausdehnen? Die beiden Vertreter der Initiative lehnen dies nicht grundsätzlich ab, denn letzten Endes komme es auf das Ergebnis an, so Langen und Scharnweber.

Fotos: Georg Jorczyk, Grimme-Institut

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