SCD 2013 – Panel 1: „Offene Regierung“ mit Ibrahim Evsan, Prof. Bernd Holznagel, Dieter Spalink, Matthias Trénel

Veröffentlicht von cq am

panel1-scd-2013_0129Die Keynote bildete den Übergang zur ersten von zwei Diskussionen, bei dem sich neben Evsan drei weitere Experten unterschiedlicher Social Media-Couleur dazu äußerten, inwieweit Regieren im Zuge der Digitalisierung öffentlicher wird und bis zu welchem Grad, wo und wie eine „Mitmach-Politik“ seitens der Bürger möglich ist.

 

 

Hier stellte der Jurist Prof. Bernd Holznagel, Professor am Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht an der Universität Münster, schnell klar, dass diese aber meist eher symbolischer Natur sei und allenfalls Auswirkungen auf den administrativen Bereich haben kann, da die letzte Entscheidung per Gesetz nur bei den gewählten Vertretern (Legislative) und nicht bei Bürgern liegt. „Der Bürger darf verfassungsrechtlich nicht mitentscheiden, die letzte Entscheidungsbefugnis bleibt bei den gewählten Repräsentanten.“

panel1-scd-2013_0104Die theoretische wie praktische Umsetzung von E-Partizipation und -Mitspracherecht sei auch von weiteren Faktoren abhängig, wie Dieter Spalink, Leiter des Referats Öffentlichkeitsarbeit und Online-Kommunikation beim Innenministerium NRW und Leiter der Projektgruppe Open.NRW, ergänzte. So müsse man sich angesichts der fortschreitenden Digitalisierung  – die Spalink zufolge der „einzig richtige Weg sei“ – zudem die Fragen stellen, wie und in welchem Zeitrahmen man dahin komme, und welcher Aufwand vonnöten sei, wenn man die organisatorischen, finanziellen, infrastrukturellen und technischen Faktoren beachte.

Einen potenziellen Bremsschuh für Bürgerbeteiligung im Netz bietet immer wieder auch die Debatte um die Sicherheit von Daten im Netz. Einen aktuellen Aufhänger bildete just „das Handygate bei Mutti“, wie Moderator Max von Malotki den mutmaßlichen Abhörskandal von Kanzlerin Merkels Handy durch die USA salopp bezeichnete, der am Mittwoch publik wurde. Evsan brachte auf den Punkt, was viele bei dieser Nachricht gedacht haben dürften: „Sicherheit ist nicht spürbar, man merkt ihren Verlust erst, wenn man sie nicht mehr hat.“

panel1-scd-2013_0125Obwohl natürlich auch die Spähskandale, die von Edward Snowden publik gemacht wurden, in den letzten Monaten reichlich Öl in das Datenschutz-Diskussions-Feuer gegossen haben, sei es aber dennoch falsch, der „German Angst“ Raum zu geben und dem „digitalen Imperialismus“ der US-Amerikaner nichts entgegenzusetzen, plädierte Holznagel: „Wir dürfen jetzt nicht den Fehler machen und aus Angst in die Defensive gehen, sondern müssen uns vielmehr beeilen und Tempo der Entwicklung sein.“

Diese Gas-Geben-Denke auf nationaler Ebene sollte auch mit Blick auf eine Bürgerbeteiligung an politischen Prozessen im Netz zum Einsatz kommen, wie Matthias Trénel, der vierte Experte der Runde, anmerkte, wobei ein niedrigschwelliger Zugang eine Grundvoraussetzung für ein konstruktives Beteiligungsmodell sei, das auf die breite Masse abzielt.

panel1-scd-2013_0097Immerhin sei klar, dass man diese kaum über Facebook organisiere, sondern auf alternative Formate setzt, die bereits vorhanden sind oder künftig noch neu entstehen würden. Wichtig sei hierbei in erster Linie, auf die richtigen Themen zu setzen, welche die Menschen bewegen, um sie für sich zu gewinnen. Um auf Augenhöhe mitreden zu können, müssten Bürger aber Einblick in die Entscheidungsgrundlage von Prozessen haben, was über Daten, die in Rohform online öffentlich zur Verfügung gestellt werden, machbar sei. Hier würden Kommunen und Länder allerdings noch meilenweit hinterherhinken.

Zumindest mit Blick auf das eigene Haus bot Spalink hier Paroli und schlug einen anderen Tenor an. Die Verwaltung sei kein „autistischer Verein“, bei dem die Menschen abgeschottet vor dem Rechner sitzen und im stillen Kämmerlein Gesetze abtippen. Stattdessen gebe es ihm zufolge vielmehr viele Formen der E-Partizipation für Bürger, wobei sich diese – wie Holznagel bereits anfangs anmerkte – nicht in der Legislative, sondern stattdessen im Bereich der Exekutive abspielen würde. „Im Grunde geht es nicht um direkte Demokratie, sondern um mittelbare demokratische Verfahren“, brachte Spalink es auf den Punkt.

Vornehme Zurückhaltung herrschte gegen Ende der Diskussionsrunde allerdings bei der Frage nach einem Beispiel für eine gelungene Bürgerbeteiligung, wobei eine verbindliche Antwort der vier Panel-Teilnehmer bis zuletzt ausblieb. Spalink nannte zumindest eine Light-Version: Wo es verstärkt Erfahrungen gebe, sei beispielsweise im Bereich der Bürgerhaushalte, wobei die Beteiligung bisher tendenziell aber noch eher gering ausfalle. Er gehe aber davon aus, dass die Zeit hier Abhilfe schaffen wird und lieferte der Runde ein gutes Schlusswort: „E-Partizipation ist ein Lernprozess für alle, bei dem man einen langen Atem haben muss.“

Imke Reiher, Journalistin


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